Mittwoch, 30. August 2017

Prädestiniert...

Wir bemerkten Hans erst, als er sich plötzlich an unseren Stammtisch quetschte und hinter einem Bier versteckte. Er war irgendwie aus Richtung Notausgang, die Deckung der Garderobe nutzend, zu uns geschlichen. „Nicht verraten“, zischte er, schon etwas angeheitert, „bin gar nicht da“. Ärger zu Hause? Schon nach der vierten Überstunde aus der ausgedünnten Redaktion abgehauen?

„Nein“, flüsterte er. „Der Trump sucht doch wieder einen Pressesprecher.“ Äh, und? Hans beugte sich vor: „Ich habe doch schon mal gelogen. Ich bin also für diesen Job prädestiniert.“ Gundi schaute fragend, Detlef raunte ihr zu: „Er hat vor vielen Jahren als Volontär mal einfach veröffentlicht, was der Bürgermeister behauptete. Dass dessen Amtseinführung die größte und schönste gewesen sei.“ Wir grinsten. Okay, das könnte diesem US-Präsidenten schon gefallen.

„Trump hält doch nur zwei Arten von Bewerbern für qualifiziert – Militär oder Millionär“, versuchte Petra zu beruhigen. Hans blieb skeptisch: „Die hat er doch blitzschnell durch, das geht bei dem ja Rucki-Scaramucci. Ich spüre es, bald erreicht mich der Ruf.“ Wir spendierten dem dünnhäutigen Kollegen noch ein Bier. Er stöhnte: „Tja, nicht lügen, nicht fälschen. Dann lebt man ruhiger.“

Gärtner-Lehrgang, Schnelldurchlauf... (Karikatur: Karlheinz Stannies)
Da waren wir uns einig: Qualifikation im Job – die brauchen Redaktionen wie Einzelkämpfer mehr denn je zum Überleben. Kompetenz schafft Vertrauen. „Das gilt auch für die Politik,“ sagte Andreas. Er freute sich über die neue schwarz-gelbe Landesregierung. „Alles Experten“, lobte er. „Jau, alle prädestiniert“, giggelte Heike, „die Heimatministerin kommt eindeutig aus NRW und die Landwirtschaftsministern praktisch direkt aus dem Schweinestall.“

„Hört doch auf, ihr Ignoranten“, brummte Andreas, „immerhin haben wir jetzt in NRW einen Medienminister, der unsere Branche aus dem Effeff kennt.“ Das konnten wir nicht abstreiten. Der Mann ist Anteilseigner von Funke Medien; die haben ihre Finger in allen Medienbereichen, von Internet über Lokalfunk bis Klatschblatt.
Wir zählten auf, was uns zu Funke spontan einfiel: Hunderte Journalisten gefeuert, Dutzende Redaktionen geschlossen, eine Zombie-Zeitung geschaffen, Zeitungen und Zeitschriften gekauft, Redaktionen zusammengelegt und auseinander gerissen, Webportale durcheinander gewürfelt, bei Anzeigenblättern gekürzt, Tarifabbau und Honorardumping wie bei fast allen Medienhäusern.

„So einen erfahrenen Medienminister hatten wir noch nie“, jubelte Barbara, voller Sarkasmus. „Ich glaube ja“, raunte Birgit, die Theorien liebte bis zum Gegenbeweis, „dass die Berufung eher aus Mitleid geschah. Die Verleger haben doch immer so gejammert.“ Der Gedanke wurde sofort weitergesponnen: „Dann kriegen die bestimmt noch mehr Polit-Jobs.“ Uns fielen sofort Kandidaten ein: DuMont wird Staatssekretär für Tarifkämpfe und Lokal-Fusionen, Lensing-Wolff Kurator für bedrohte Mantelredaktionen, Bauer Sonderbeauftragter für redaktionelle Mini-GmbHs...

„Pah“, grunzte Andreas. Ihm wurde es zu albern. „Dass der Geschäftsführer der Zeitungsverleger Verkehrsminister wurde, spricht ja nicht gerade gegen Birgits Theorie“, grinste Inge ihn an. „Der stand wohl mal im Stau“, warf Heike einen frechen Qualifikations-Schnellcheck ein. Als wir ausgelacht hatten, holte Inge uns wieder auf seriösen Boden: „Mal im Ernst: Medienmacht, Parteiverbindungen und knallhartes Management – damit war der Essener prädestiniert als Medienminister“.

Und der Anteilseigner eines großen Medienhauses soll jetzt für die Sicherung von Pressefreiheit und Meinungsvielfalt sorgen, vor allem im Lokalen, soll Journalisten fördern, das Landesmediengesetz und die Radiolandschaft reformieren? Die Frage stand im Raum, wir sahen zweifelnd Interessenkonflikte ohne Ende. Barbara winkte ab: „Wird nicht so schlimm. Er will sich ja jedes Mal heraushalten, wenn sein eigenes Haus betroffen ist.“ Wir prusteten los: „Na, da bleibt ja nicht mehr viel zu tun.“

 

Freitag, 18. August 2017

Der Medienminister empfiehlt (anscheinend): Zerschlagt die Redaktionen!

Fotojournalisten sind die Aushängeschilder von Zeitungen und Redaktionen. Sie tauchen überall auf, sind gern gesehen, erhalten so manchen Tipp. Dem Leser näher ist niemand. Deshalb sollten Medienhäuser ihre Fotografen lieben und fördern. Seit Jahren ist allerdings in der Branche das Gegenteil der Fall. Billige Bilder- und oft genug auch Video-Lieferanten sollen sie aus der Sicht von Medienmanagern sein, überall im Verbreitungsgebiet auf Abruf einsetzbar - egal, ob sie dann dort die Verhältnisse vor Ort oder den Bürgermeister kennen oder nicht. Und es gibt seit langem einen unheilvollen Trend, Foto-Redakteure (die sich fachmännisch um eine gelungene Optik kümmern) abzuschaffen und auf freie "Knipser" zu setzen, deren Honorare nach Belieben runterzuschrauben sind.

Gärtner-Lehrgang, Schnelldurchlauf... (Karikatur: Karlheinz Stannies)
In Essen setzt die Funke-Mediengruppe - das Haus des neuen NRW-Medienministers Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) - gerade 24 Fotograf(inn)en auf die Straße, meldet der DJV hier - sie könnten sich aber für eine Stelle in einer neuen Agentur-GmbH bewerben, die zum Jahresbeginn gegründet werden soll. Der bisherige "Foto-Pool", der die Kolleginnen und Kollegen bereits von ihren Redaktionen (und einigen tariflichen Errungenschaften) trennte und auslagerte, wird aufgelöst.

Der neue DJV-Landesgeschäftsführer Volkmar Kah schimpft: "Das hat nichts mit Neuausrichtung oder Qualitätssteigerung zu tun. Das ist fire and hire und der untaugliche Versuch, Kolleginnen und Kollegen unter Druck zu setzen. So will man sich von unliebsamen, teuren Mitarbeitern trennen“. Der DJV fordert das Haus des Medienministers auf, einen ordentlichen Betriebsübergang durchzuführen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Eine Einschätzung von verdi gibt's hier.

Der unseligerTrend in der Medienbranche scheint kaum aufzuhalten: Zerschlagt die Redaktionen, splittet sie auf in neue kleinere Einheiten, billiger und natürlich ohne Tarif (sowie gerne dann auch mit verkleinerten oder gar keinen Betriebsräten). Dass man so Qualität und Vielfalt zerstört, ist modernen Medienmanagern egal. Hauptsache: Rendite (für die Besitzer).

Auch das Haus des neuen Medienministers, der immer noch 17 Prozent der Funke-Mediengruppe besitzt (Wert: ca. 250 Millionen Euro) hat immer wieder Redaktionen zerschlagen. Wird dies nun zum Problem für Stephan Holthoff-Pförtner? Die wesentlichen Aufgaben eines Medienministers bestehen ja eher in der Sicherung und Förderung von Qualität, Vielfalt, Pressefreiheit. Viele sehen jede Menge Interessenskonflikte, nicht nur der DJV NRW. In den Medien ist Skepsis nachzulesen . vom Tagesspiegel bis zur Neuen Westfälischen oder zum Deutschlandfunk. Selbst die Rheinische Pest postete ...ähm... die Rheinische Post pestete gegen den Medienunternehmer als Medienminister.

Zerschlagung der Redaktion, Aufsplitterung in Mini-GmbHs - das macht  übrigens gerade auch der Recklinghäuser Verleger Kurt Bauer, siehe hier. Mit 40 Prozent beteiligt am Medienhaus ist der Dortmunder Lambert Lensing-Wolff - der gerade die Zentralredaktion der Ruhr Nachrichten auflöst, siehe hier.

Die Medienlandschaft in NRW könnte wirklich einen guten Medienminister brauchen. Dringend.

Dienstag, 1. August 2017

Supercup... den wollen beide

So richtig rund lief es in der Vorbereitung und in den Testspielen bei beiden noch nicht. Am Samstag (5.8.) wird es ernst für Pokalsieger Borussia und Meister Bayern: Supercup im Dortmunder Tempel! Ein erstes Pflichtspiel, und diese Trophäe wollen beide. Unbedingt. Deshalb wird's ein heißer Tanz zwischen Ancelottis Nix-Triple-Superstar-Truppe und dem Team von BVB-Neuling Bosz, da bin ich sicher. Ob es ein gutes Spiel wird, zu Saisonbeginn? Keine Ahnung, eher nicht. Aber ich erwarte (erhoffe!) ein Spektakel, das den Heißhunger auf Bundesliga schürt. Fußball, der Spaß macht - den sind wir von Borussia ja gewöhnt.

Karikatur: Heiko Sakurai - proudly presented