Wieder jung? Hannes schüttelte sich.
„Ich würde schon am Aufnahmetest für die Journalistenschule
scheitern.“ Wir nickten wissend, besser: nicht wissend. Hannes
redete sich in Rage: „Und dann jahrelang nichts als Vertröstungen,
immer wieder nur unbezahlte Praktika, mal hier und mal da in der
Republik?“
Anja zog einen Flunsch: „Ganz zu
schweigen von ewiger freier Mitarbeit zu Hunger-Honoraren, nur weil
der Flurfunk flüstert, es könnte in ferner Zukunft auch mal eine
Festanstellung geben. Nein, danke.“ Auch Christian winkte ab: „Und
hat man mal einen Job erwischt, dann ist er befristet. Von Halbjahr
zu Halbjahr. Wie soll man da planen, den Kopf frei haben für die
vielen neuen Ideen und Möglichkeiten, die diese Generation hat?“
Oder: wie soll man sich da ohne Angst in
Gewerkschaften engagieren? Nein, wir waren heilfroh, schon drin zu
sein. Im Traumberuf Journalist. Obwohl... Ausgedünnte Redaktionen, Druck und
Arbeitszeiten ohne Ende, doppelt und dreifach durch
Digitalisierung, Tarifflucht, Sozialabbau, Honorardumping, ständig
Angst vor dem Gefeuertwerden und dann zu alt sein. Auch kein
Zuckerschlecken. Schlimmeres ohne Kampf kaum zu verhindern.
Noch einmal der Nachwuchs sein?
„Quatsch, Gründe zum Jammern haben wir selber genug“, entschied
Hannes. Und zog ein Maßband hervor. Die Schnibbelstelle zeigte: Noch
134 Tage bis zum Ruhestand.