Freitag, 18. August 2017

Der Medienminister empfiehlt (anscheinend): Zerschlagt die Redaktionen!

Fotojournalisten sind die Aushängeschilder von Zeitungen und Redaktionen. Sie tauchen überall auf, sind gern gesehen, erhalten so manchen Tipp. Dem Leser näher ist niemand. Deshalb sollten Medienhäuser ihre Fotografen lieben und fördern. Seit Jahren ist allerdings in der Branche das Gegenteil der Fall. Billige Bilder- und oft genug auch Video-Lieferanten sollen sie aus der Sicht von Medienmanagern sein, überall im Verbreitungsgebiet auf Abruf einsetzbar - egal, ob sie dann dort die Verhältnisse vor Ort oder den Bürgermeister kennen oder nicht. Und es gibt seit langem einen unheilvollen Trend, Foto-Redakteure (die sich fachmännisch um eine gelungene Optik kümmern) abzuschaffen und auf freie "Knipser" zu setzen, deren Honorare nach Belieben runterzuschrauben sind.

Gärtner-Lehrgang, Schnelldurchlauf... (Karikatur: Karlheinz Stannies)
In Essen setzt die Funke-Mediengruppe - das Haus des neuen NRW-Medienministers Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) - gerade 24 Fotograf(inn)en auf die Straße, meldet der DJV hier - sie könnten sich aber für eine Stelle in einer neuen Agentur-GmbH bewerben, die zum Jahresbeginn gegründet werden soll. Der bisherige "Foto-Pool", der die Kolleginnen und Kollegen bereits von ihren Redaktionen (und einigen tariflichen Errungenschaften) trennte und auslagerte, wird aufgelöst.

Der neue DJV-Landesgeschäftsführer Volkmar Kah schimpft: "Das hat nichts mit Neuausrichtung oder Qualitätssteigerung zu tun. Das ist fire and hire und der untaugliche Versuch, Kolleginnen und Kollegen unter Druck zu setzen. So will man sich von unliebsamen, teuren Mitarbeitern trennen“. Der DJV fordert das Haus des Medienministers auf, einen ordentlichen Betriebsübergang durchzuführen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Eine Einschätzung von verdi gibt's hier.

Der unseligerTrend in der Medienbranche scheint kaum aufzuhalten: Zerschlagt die Redaktionen, splittet sie auf in neue kleinere Einheiten, billiger und natürlich ohne Tarif (sowie gerne dann auch mit verkleinerten oder gar keinen Betriebsräten). Dass man so Qualität und Vielfalt zerstört, ist modernen Medienmanagern egal. Hauptsache: Rendite (für die Besitzer).

Auch das Haus des neuen Medienministers, der immer noch 17 Prozent der Funke-Mediengruppe besitzt (Wert: ca. 250 Millionen Euro) hat immer wieder Redaktionen zerschlagen. Wird dies nun zum Problem für Stephan Holthoff-Pförtner? Die wesentlichen Aufgaben eines Medienministers bestehen ja eher in der Sicherung und Förderung von Qualität, Vielfalt, Pressefreiheit. Viele sehen jede Menge Interessenskonflikte, nicht nur der DJV NRW. In den Medien ist Skepsis nachzulesen . vom Tagesspiegel bis zur Neuen Westfälischen oder zum Deutschlandfunk. Selbst die Rheinische Pest postete ...ähm... die Rheinische Post pestete gegen den Medienunternehmer als Medienminister.

Zerschlagung der Redaktion, Aufsplitterung in Mini-GmbHs - das macht  übrigens gerade auch der Recklinghäuser Verleger Kurt Bauer, siehe hier. Mit 40 Prozent beteiligt am Medienhaus ist der Dortmunder Lambert Lensing-Wolff - der gerade die Zentralredaktion der Ruhr Nachrichten auflöst, siehe hier.

Die Medienlandschaft in NRW könnte wirklich einen guten Medienminister brauchen. Dringend.