Freitag, 15. März 2013

Die Smartphones starren zurück

Für Technikverliebte sind die Themen Smartphone und Internet das Paradies. Kurz bevor Apple was veröffentlicht, rauschen kultkollektive Erwartungshöhepunkte durch die Lenden. Dann starren sie auf die Displays jeder Größenordnung, bis sich das Luststöhnen Bahn bricht: Will ich haben. Selbst der Südkoreaner ließ jetzt die Ankündigung seines brandneuen Samsungs weltweit übertragen.

Bitte lächeln!
Ein Handy, das nicht nur auf Sprache, sondern auch auf Gesten reagiert. Winkt man die Kellnerin herbei, schaltet das Display zur nächsten eingegangenen Mail. Rollt man mit den Augen, weil sie einen wieder übersehen hat, scrollt das Handy zum Ende des Textes. Murmelt man auch noch eine Verwünschung, wählt das Handy den nächstgelegenen Bauern an, bei dem man eine Fuhre Mist bestellen könnte.

Das Smartphone beobachtet sein Herrchen, sein Frauchen. Kann ich es künftig überhaupt noch bedenkenlos ansehen? Was tut es, wenn mein Magen knurrt? Pizza bestellen? Was macht das Ding, wenn ich zwinkere? Landet meine Grimasse in Südkorea? Oder noch schlimmer: in den USA? Wir wollten doch keinen Überwachungsstaat, keine Legionen von Kameras überall. Facebook und Google und werweißwernoch haben mein Gesicht von Fotos längst gespeichert - und finden mich bestimmt auf dem Fußballplatz wieder. Oder bei Demos. Inzwischen aber starren nicht mehr nur Abermillionen junger Menschen ständig auf Displays  - die Smartphones schauen zurück! Megapixelig, ungefiltert.

Ist nach "Daten vor bösen Menschen schützen!" das nächste große Ding: "Menschen vor bösen Handys schützen!"? Kollege Timo Stoppacher meinte zwar in seinem Blog meistensdigital, Smartphones würden langweilig. Von wegen! Ich schüttelte den Kopf. Kurz darauf brachte die Kellnerin einen Drink, geschüttelt, nicht gerührt.

Beim Schlürfen schaute ich kurz über den Glasrand rüber zu der Netten da hinten am Tresen. Mein Smartphone erkannte auch diesen Blick, muss wohl ihrem Handy sofort ein Zeichen geschickt haben. Jedenfalls kam sie rüber, haute mir eine runter - und ließ ihr Handy plärren: "Ich weiß, wohin Du geschaut hast, sexistischer Kackscheißer."

Ich blickte bedröppelt auf mein Handy. Und es grinste.