Freitag, 14. November 2014

Verleger des Jahres ... and the winners are ...

Lange habe ich überlegt, wer Verleger bzw. Verlagsmanager des Jahres werden soll. Lange führte auf meiner internen Strichliste der Thomas Ehlers von der Ostsee-Zeitung. Der hatte in der Tarifrunde erst mit verhandelt und die Gewerkschaften dabei erpresst nach dem Motto: Für den Norden muss es billiger werden, sonst pfeifen wir geschlossen auf die Tarifbindung. Als die Zugeständnisse im Sack waren - erklärte er: Der Norden macht trotzdem nicht mit, ätsch. Erst Streiks der Kolleginnen und Kollegen dort brachten die Verleger zum Einknicken. Trotzdem: Chapeau, Ehlers, Dein Zickzack-Amok-Kurs gereichte der ganzen Verlegerschaft und ihrem mühsam aufgebauten Ruf zur Zierde.

Aber solch wunderbare Hinterhältigkeit allein reicht nicht für den Pott. Auf meiner Rangliste gingen die Kölner Verleger Helmut Heinen und Alfred Neven DuMont deutlich in Führung. Der Präsident (!) und der Ehrenpräsident des Zeitungsverlegerverbandes (!) - honoriger geht's ja wohl nicht in der Branche - sind nicht nur mitten in den Verhandlungen aus der Tarifbindung ihres eigenen Verbandes ausgetreten. Was allein schon preiswürdig wäre! Der Knüller aber war: Die beiden bildeten eine tariflose Gemeinschaftsredaktion im Konkurrenzmarkt und wollten ihren Freien Journalisten abpressen, sich offiziell für Amateure zu erklären, für Hobby-Journalisten. Da die Vergütungsregeln nur für Profis gelten, könnten sie so die ungeliebte Honorar-Vereinbarung ungestraft unterlaufen, glaubten sie. Allerdings brachten die Gewerkschaften den schönen Plan per Gericht zu Fall. Trotzdem: Herrlich, Heinen, super, DuMont, das war Einfallsreichtum heutiger Verleger vom Feinsten.

Inzwischen aber steht mein Favorit für den Titel Verleger des Jahres fest. Genau genommen sind es sogar zwei: Eduard und Benedikt Hüffer aus dem Haus Aschendorff in Münster. Sie übernahmen nicht nur das Konkurrenzblatt Münstersche Zeitung und machen daraus ab morgen (15. November) ein kostengünstiges Zombie-Blatt - nach dem Motto: deren Personal zum großen Teil abbauen, die MZ weiter erscheinen lassen, und zwar mit lokalen Inhalten der eigenen Westfälischen Nachrichten, knapp 20.000 Abonnenten abgreifen. Ja, so geht Rettung der Medienvielfalt!

Was die Herren - einer davon ist IHK-Präsident - aber wirklich ganz nach vorne brachte, war das unverrückbare Vertrauen der eigenen Belegschaft bei den Westfälischen Nachrichten. Die Hüffers mussten nur ein Ausscheren aus dem Tarif sowie ein dickes Sparpaket ankündigen - und schon unterschrieben ihre Journalistinnen und Journalisten einen neuen Arbeitsvertrag mit Verzicht auf Geld und Freizeit. Natürlich ganz freiwillig und völlig ohne Angst, nur aus Gott... ähm Hüffer-Vertrauen.

Sicher, rechtlich ist der billigere Neuvertrag (inklusive dem Versprechen, vier Jahre lang nicht betriebsbedingt zu kündigen) wenig wert, weil ja zumindest für Gewerkschaftsmitglieder dort noch immer der Tarif gilt. Aber das Argument, sonst wird jetzt schon gekündigt, bis die Einsparung da ist, überzeugt natürlich. Das Angebot der Gewerkschaften, wenn's denn so schlimm um das Haus Aschendorff stünde, die Einsparungen per Haustarifvertrag rechtlich sauber umzusetzen, wiesen die Hüffers weit von sich: Gewerkschaften? Never ever. Die sollen uns nicht reinregieren. Da kündigen wir lieber.

Ein Ehrenpreis für die beste Nebenrolle als Verlagsmanager geht übrigens an Chefredakteur Norbert Tiemann, ein WN-Eigengewächs. Für ihn waren mit Forderungen nach einer Betriebsversammlung nicht nur bereits die "Grenzen des Zumutbaren" erreicht. Er schrieb seiner Redaktion auch noch, mit Blick auf die Gewerkschaften, Zitat: "Dieses Sparpaket ist ein Angebot. Es braucht die Solidarität aller. Einige machen es zum Objekt eines Spiels mit dem Feuer. Diese - auch für mich persönlich bedrückende - Entwicklung hat die Geschäftsführung veranlasst, die Chefredaktion aufzufordern, nun parallel die Umsetzung des Plans B vorzubereiten, damit notfalls auf dem anderen Weg zeitnah die notwendigen Einsparungen erzielt werden können. Dieser Plan B hat mit der Sicherung redaktioneller Arbeitsplätze nichts zu tun; er bedeutet exakt das Gegenteil." Zack, das traf ins Mark. Wenn der erste Redakteur des Hauses schon sowas schreibt.

Bis morgen (15. November) geben die Hüffers den Redakteurinnen und Redakteuren Zeit, den Neuvertrag zu unterschreiben. Dieser kühne Gutsherren-Ritt gegen Tarif und Recht und Gewerkschaften sicherte den Münsteraner Honoratioren den Pokal. Aus solchem Holz sind Verleger, Gratulation!

Übrigens, die Laudatio des DJV-NRW findet man hier.