Mittwoch, 20. Februar 2013

EINwände: Nicht alles Gold, was netzt?

Kurze Kommentare, Lesetipps, Späßchen - regelmäßig steht hier irgendwas mit EIN - von Einfalt bis Einwürfe. Diesmal: Einwände.

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Ist an Old Media vielleicht doch noch was dran? Das ist aber interessant: Einer der bekanntesten Piraten, der Berliner Fraktionsvorsitzende Christopher Lauer, der seine Follower auf Twitter gerne mal mit fünf Buchstaben ("Pferd") überraschte, will sich Twitter als Kommunikationsmittel künftig verkneifen. Echt? Andere Politiker würden/werden mit Hohn und Spott überschüttet, wenn sie sich einem direkten Kommunikationsweg - womöglich mit Wählern! - entziehen. Und Lauer? Der macht eine digitale Rolle rückwärts. Wer etwas von ihm möchte, der soll ihm doch "ganz klassisch eine E-mail" schicken, schreibt er hier: "Twitter ist für mich gestorben. Das Gezwitscher bringt nichts." Grund genug für einen Bericht auf heise.de. Lauer beklagt, bei Twitter stimme Aufwand und Ertrag nicht: Eine Stunde Kümmerei pro Tag, aber nur 22500 Follower, von denen 500 seine Links anklickten - mit einem Beitrag in einer großen Tageszeitung könne er dagegen 350.000 Menschen auf einmal erreichen, mit einem TV-Auftritt sogar Millionen. Außerdem koste Twitter Nerven. Er habe schon 500 Follower blocken müssen. Lauers Twitter-Fazit in Schlagworten: "Verlorene Zeit, verlorene Produktivität, sozialer Stress, zerfaserte Kommunikation". Twitter erzeuge eine "Diskussions- und Aufmerksamkeitskultur des Rauschens", das, boulevard-ähnlich, "nur durch besonders laute und plakative Themen unterbrochen" werde - und damit genau das, was die Nutzer neuerer Kommunikationsformen an den "klassischen Medien" kritisierten.
Nachtrag: Lesenswert, was Stefan Niggemeier dazu schreibt. Und natürlich dieser wunderbare Beitrag im Blog Luschenelf: Auberginen sind für mich gestorben.

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Karikatur: Karlheinz Stannies

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Wohin sie allerdings führen kann, wenn man sich Trolle einfängt, sieht man zur Zeit sehr schön im von DJV und dju eingerichteten Blog Medienmoral NRW. In den Einträgen zur Schließung der Westfälischen Rundschau mischen ein, zwei Trolle (u.a. ein DJV-Hasser, der sich als Kritiker tarnt) mit, die die Diskussion über die Folgen für Meinungsfreiheit und Medienvielfalt und die betroffenen Kolleginnen und Kollegen fast zum Erliegen bringen. Sie beschränken sich eben nicht darauf, ihre Meinung beizutragen, die in der Regel konträr ist (a: weil es sonst nicht funktioniert, und b: weil sie sich ja als besserwissende Opfer fühlen). Sie provozieren dauerhaft, hauchdünn unter der Beleidigungsgrenze. Das soll nerven und Wut-Reaktionen erzeugen, mit denen man sich dann wieder beschäftigen kann. Alles unter dem Deckmantel der freien Meinung. Falls "Do not feed the Troll" (DNFTT, nicht füttern) mal eine Zeitlang klappt, antworten sich die Störer halt selbst unter anderem Namen, um (sich) zu bestätigen oder (absichtlich) zu widersprechen, egal. Hauptsache destruktiv. Nicht lustig-anarchisch, was man ja durchaus mögen kann. Spaß haben dann nur sie selbst, die (natürlich anonymen) Trolle.
Nachtrag: Zu den negativen Folgen lese hier, was der allseits geschätzte Blogteilnehmer "Alter Kollege" schreibt.