Donnerstag, 31. Januar 2013

Dortmund war für mich immer Rundschau

Nun isses soweit. Heute wird die letzte Westfälische Rundschau produziert, morgen erscheint die letzte WR, in der noch Rundschau drin ist. Die Kolleginnen und Kollegen von den Ruhr Nachrichten und der WAZ mögen es mir verzeihen: Dortmund war für mich immer Rundschau.

Die besondere Stimme, die etwas andere journalistische Farbe – in dieser riesigen Ruhr- und Westfalenmetropole. Deshalb tut es mir auch besonders Leid, dass diese Redaktion nun komplett verstummt. Verstorben an Rendite-Sucht. Das Perfide: Die leere Hülle erscheint weiter, gefüllt mit sicher ansehnlichem Stoff. Aber eben nicht mehr mit Rundschau. WR steht künftig in Dortmund für "Westdeutsche RuhrNachrichten".

Der Geierabend-Steiger Martin Kaysh und Mario
Simon haben diese Anzeige geschaltet - "weil
Leserbriefe ja nicht veröffentlich werden".
 Die Verlagsoberen haben die letzte Chance, ihr Gesicht zu verlieren (und damit einen Hauch von Achtung zurück zu gewinnen) verstreichen lassen. Sie haben lieber die Anzeigen-Verbreitung gerettet als die Arbeitsplätze ihrer Redakteure.

Petra Grotkamp, ihre Mitgesellschafter (die Familien Schubries und Holthoff) sowie ihre Geschäftsführer gehen in die Geschichte der WAZ-Mediengruppe als Plattmacher ein. Und auch die Brost-Erben müssen sich fragen lassen, ob ihr Desinteresse am verlegerischen Erbe ihrer Vorväter zum Aus für die Redaktionen der Westfälischen Rundschau beigetragen hat.

Der Konzern wirft Millionen ab, von 14% Rendite ist die Rede. Aber das scheint nicht genug. Die Zeiten der verlegerischen Quersubvention sind wohl vorbei. Was sich nicht rechnet, kann weg, muss weg. Die Summe ist weniger als ihre Einzelteile. 300 Kolleginnen und Kollegen verlieren deswegen ihren Job und ihre Aufträge.

Trauerzug


Dieses vierseitige "Rundschau retten Extrablatt" wird am Samstag während der Trauer-und-Protest-Demo verteilt. Alle Seiten gibt's vorab hier zu sehen. Und hier steht, wer alles reden wird - von Fritz Eckenga bis Horst Röper, von Kajo Döhring (DJV) bis Klaus Schrage (dju), von Ulrich Pätzold bis zum Opel-Betriebsrat Murat Yaman.

Übrigens: Erinnern Sie sich an den Leser, der sein WR-Abo mit wohlgesetzten Worten kündigte? Nochmal nachzulesen hier. Ihn erreichte inzwischen  die Antwort des Verlags. Ein Standardschreiben, in dem ihm ein Gratismonat angeboten wurde, wenn er denn bereit wäre, die neue WR mal zu testen. Seine Ablehnung lesen Sie hier.

Dazu passt die Karikatur: Und der Leser kocht!

Dienstag, 29. Januar 2013

Exklusiv

Karikatur: Karlheinz Stannies

Montag, 28. Januar 2013

Bloggen - (m)eine Zwischenbilanz

Seit Mitte Dezember blogge ich. Journalisten sollen neugierig sein. Sie sollen, ja: sie müssen vor allem die Errungenschaften des digitalen Wandels für sich nutzen. Sonst haben sie gar keine Chance. Sagen jedenfalls alle Netz-Prediger. Okay, ich blogge, also bin ich (noch da). Hier (m)eine Zwischenbilanz.

Bloggen macht Spaß. Was schreibt man eigentlich? Ein noch leerer Blog ist genau so ein Horror wie ein weißes Blatt beim Zeichnen. Gut, dass ich zum Blog-Start einen kleinen Vorrat an Glossen und Karikaturen hatte. Meine Furcht, nichts zu sagen zu haben, was andere (in meinen Augen) für lesenswert halten, besteht aber immer noch. Ich bin keiner von diesen unbeirrbaren Journal-Missionaren oder Schwarz-Weiß-Malern, die es so einfach haben, stets das Richtige zu denken und zu fordern. Trotzdem: es macht Spaß, etwas zu zeigen oder zu schreiben - und danach zuzusehen, wie die Klickzahl wächst.

Samstag, 26. Januar 2013

Allerhöchste Zeit, das Gesicht zu verlieren

Nur noch wenige Tage, dann liegt in tausenden westfälischen Briefkästen und Kiosken ein journalistischer Zombie. Die Westfälische Rundschau, die keine Westfälische Rundschau mehr ist. In keiner Zeile. Allerhöchste Zeit also für die Geschäftsführung der WAZ-Mediengruppe, ihre von Rendite-Wünschen getriebenen Pläne zu ändern.

Ich weiß, solche Manager werden ihr Gesicht nicht verlieren wollen. Lästermäuler behaupten ja, die WAZ-Gruppenchefs hätten in früheren Jahren mehr Miese gemacht als eine WR je könnte, ich sage nur Balkan - aber lassen wir das.

In diesen Kreisen jedenfalls nimmt man nie etwas zurück, geschweige denn: Vernunft an. Nienhaus, der den Schickler-Kahlschlag (300 von 900) samt zugehöriger "Überraschung" der Belegschaft noch Bodo Hombach überlassen "durfte". Braun ("Das hätte man auch anders machen können"), der in Sonntags- und Betriebsversammlungsreden Hoffnung nährte, weil er das Lokale wieder stärken wollte. Ziegler, der die Rendite-Forderungen der Eigentümer und Banken erfüllen muss.

Karikatur: Karlheinz Stannies
Diesmal sind es wieder 300 Menschen, die Jobs und Aufträge verlieren; 120 fest, der Rest frei. Und was bleibt, ist "eine Art Zeitung", wie es in einer Soli-Adresse auf Medienmoral heißt, ohne eigene Redakteure, zusammengeschustert aus einem Mantelteil vom Essener Content-Desk der WAZ-Mediengruppe und diversen Lokalteilen, eingekauft wahlweise von der Westfalenpost (ab April) oder von den ehemals konkurrierenden Medienhäusern Lensing-Wolff, Rubens, Ippen.

Wie soll das gehen?

Osterschock beim Blättern

Buchhandlungen. Orte der Fantasie, der Fabulierkunst, der Erklärungen, der Vordenkerei. Viele Bücher sind ihrer Zeit voraus. Seit heute weiß ich: Das gilt auch für Buchhandlungen.

Osterhasen bei Thalia.

Wir haben noch Januar. Draußen schneit's. Wir sind gerade erst dem geschäftstüchtigen Weihnachtsrummel entkommen, haben die knallige Silvesterlaune verloren. Und schon mümmelt's vor den Büchertischen - dabei sind es doch noch 65 Tage bis zur (F)Eierei.

Keine Ahnung, ob in den Supermärkten auch schon der Hase los ist. Und wenn, fiel es mir nicht so auf wie in der Buchhandlung. Vor lauter Oster-Schock habe ich noch einen Krimi für das Regal mit den ungelesenen Büchern gekauft. Ich kann halt an keiner Buchhandlung vorbei gehen.

Beim Durchstöbern fiel mir übrigens auf: In einigen Krimis sind statt der bisher üblichen Old-Media-Redakteure von Fernsehen, Radio oder Zeitung, die pfiffig irgendwelche Straftaten klären, nun Online-Reporter als Helden am Werk. Insofern sind Buchhandlungen nicht nur voraus, sondern auch auf der Höhe der Zeit.

Freitag, 25. Januar 2013

Offener Brief: Soziales Desaster

Aufkleber
In einem Offenen Brief hat der DJV NRW heute die Gesellschafter und die Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe aufgefordert, die in einer Woche geplante Schließung aller Redaktionen der Westfälischen Rundschau zurückzunehmen.

"Gemeinsam mit Betriebsrat, Beschäftigten und Gewerkschaften ließe sich eine Lösung finden, die auch den wirtschaftlichen Bedenken von Gesellschaftern und Banken Rechnung trägt", schrieben Vorsitzender Helmut Dahlmann und Geschäftsführerin Anja Zimmer gegen Ende des Briefes. Das Angebot: "Wir stehen bereit, um gemeinsam mit Ihnen nach konstruktiven Lösungen zu suchen, die die WR als eigenständige Stimme der Region erhalten und viele Arbeitsplätze sichern."  

Flugblatt
 Vorher kritisierten sie die Abwicklung der Westfälischen Rundschau, durch die rund 300 feste und freie Journalistinnen und Journalisten ihre Arbeitsplätze bzw. Honorare und Pauschalen verlieren: "Hochmotivierte Kolleginnen und Kollegen, die in der Vergangenheit mit Herzblut und aus Überzeugung die WR gemacht haben. Das ist ein soziales Desaster, mit dem Sie gerade Geschichte schreiben."

Der Versuch, ab Februar eine Zeitung ohne Redakteure mit zusammengestückeltem Inhalt auf den Markt zu bringen, sei "eine verlegerische Bankrotterklärung. Auch damit schreiben Sie Geschichte." Der Brief in voller Länge hier. (Ein ähnlicher Brief ging an die SPD-Medienholding, der 13,1% der WR gehören.)

Wie geht es nun weiter? In der nächsten Woche gibt es womöglich Betriebsversammlungen der anderen Zeitungstitel sowie weitere Aktionen und Demonstrationen.

Am Dienstag wollen die Gewerkschaften DJV und dju in verdi die betroffenen Freien, die plötzlich ohne Aufträge da stehen, informieren. Wie kann es nun weitergehen? Kann man vielleicht doch Ansprüche gegen den Verlag geltend machen? Kann die Arbeitsagentur helfen? Los geht's um 19 Uhr im Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen.

Am 4. Februar laden die Grünen zu einer Diskussion über die Zukunft des Lokaljournalismus ein. Mit dabei sind Pottblogger Jens Matheuszik, Günter Mydlak von HalloHerne, DJV-Ortsvereinschef Kay Bandermann und Zeitungsexperte Horst Röper vom Formatt-Institut (den einige Leute von den Ruhr Nachrichten übrigens gerade nicht mehr leiden können, weil er die Lensing-Wolff-Zeitung wie in früheren Zeiten Schwarze Paula nannte). Die Gesprächsrunde beginnt um 18 Uhr beim Kreisverband in Dortmund, Rheinische Straße 137.

Nachtrag: Der Hellweger Anzeiger sucht neben Volontären auch Redakteurinnen und Redakteure. "Zur Ausweitung unseres Redaktionsteams", wie es in der Anzeige heißt, in der nicht vergessen wird zu betonen: Der HA sei eine der wenigen Tageszeitungen in Deutschland mit steigenden Abo-Zahlen.

Donnerstag, 24. Januar 2013

Unwürdig

Es sind nur ein paar Sekunden, in dem Beitrag des Medienmagazins ZAPP zum Kahlschlag bei der Westfälischen Rundschau, vor ein paar Tagen. Und in diesen Sekunden sagt Christian Nienhaus, Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe und Vorsitzender des Zeitungsverlegerverbandes NRW, folgende Sätze: "Ja natürlich, damit muss man auch Mitarbeiter überraschen. Das können Sie ja nicht vorher, schon gar nicht als Medienunternehmen, über fünf Stufen abstimmen, weil das wird ja dann sofort öffentlich."

Ein paar Sekunden nur. Aber sie jagen einem sowas wie Angst ein.

Habe ich das richtig verstanden? Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern verschweigen, was sie planen? Müssen nicht einmal ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, wenigstens den Betriebsrat rechtzeitig vorher zu informieren? Und "rechtzeitig" heißt eigentlich, dass die Belegschaftsvertreter den Plan beraten und Gegenvorschläge machen können, bevor eine Entscheidung verkündet wird.

Und der Leser kocht...

Karikatur: Karlheinz Stannies


Am Ende wird es keine Gewinner geben

Das tut gut. Die Aktionsseite rundschau-retten.de und die Ruhrbarone haben einen solidarischen Brief von 216 Redakteurinnen und Redakteuren von WAZ und NRZ sowie vom ContentDesk an die Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe dokumentiert.

Sehr geehrte Herren,
auch wir haben ein paar Tage gebraucht, um unsere Fassungslosigkeit, unsere Trauer, sicher auch unsere Angst, aber vor allem auch unsere Wut in Worte zu kleiden. Ihre Entscheidung, die traditionsreiche „Westfälische Rundschau“ de facto aufzugeben und 120 Menschen (sic!) in eine mehr als ungewisse Zukunft zu entlassen, zeugt in ihrer Art und Weise von einer Kälte, die uns frösteln lässt.

Wir könnten jetzt demokratietheoretisch argumentieren, den Verlust der für unsere offene Gesellschaft so wichtigen Pressevielfalt beklagen. Wir könnten jetzt betriebswirtschaftlich argumentieren und die Frage aufwerfen, ob angesichts der positiven Jahresergebnisse der WAZ-Gruppe und der gern und viel zitierten „Kriegskasse“ wirklich die Existenz des Gesamtunternehmens bedroht ist – oder ob man, wenn man sich denn die Zeit genommen hätte, nicht andere, bessere Lösungen für die „Westfälische Rundschau“ denkbar gewesen wären.

Wir sollten, wir wollen, wir müssen aber vor allem menschlich argumentieren. „Entschieden sozial“ will die WAZ-Gruppe sein. Sie war stets stolz auf diese Tradition, fühlte sich mehr als 60 Jahre daran gebunden, verzichtete auf betriebsbedingte Kündigungen. Suchte vielmehr auch in schweren Zeiten den Ausgleich mit den Menschen.

Die Aufgabe der gesamten WR-Redaktion unter Beibehaltung des Titels als leere Hülle spricht diesem selbst gewählten Maßstab Hohn. Entschieden sozial: Das sollte immer mehr sein als eine hohle Phrase; auf der Seite der Betroffenen wolle man stehen.

Genau da stehen wir jetzt. An der Seite der 120 Kollegen, die mit hohem Engagement, großer Leidensfähigkeit und nach bestem Wissen und Gewissen ihre Arbeit gemacht haben. Und wir fragen uns nach diesem Dammbruch in der Geschichte der einst so stolzen WAZ: Was kommt als nächstes?

Dienstag, 22. Januar 2013

Betrifft: Kündigung

Die WAZ-Mediengruppe wird die Mantel- und Lokalredaktionen der Westfälischen Rundschau zum 1. Februar 2013 schließen. 120 angestellte und weit über 100 freie Journalistinnen und Journalisten verlieren ihren Job bzw. Aufträge und Honorare. Die WR soll auch als Zeitung ohne Redaktion weiter erscheinen - ausschließlich mit Inhalten anderer Redaktionen, zu einem großen Teil sogar von Konkurrenzzeitungen. Alle außer der WAZ-Gruppengeschäftsführung wissen: "Eine Mogelpackung." Der DJV NRW dokumentiert heute in einer Pressemeldung ("Der Protest ebbt nicht ab") ein Kündigungsschreiben für ein Abonnement der Westfälischen Rundschau:

„Die Nachricht von der Einstellung der Westfälischen Rundschau und der Entlassung von 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat mich nicht nur betroffen gemacht, sondern geradezu schockiert. Ich finde es beschämend,

- dass es Ihre unternehmerische Kompetenz offenbar nicht zulässt, eine intelligentere Lösung zu entwickeln, die den Fortbestand einer eigenständigen Redaktion ermöglicht.
- dass Sie Ihre Profitinteressen über das Schicksal der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen und die Redaktion nicht einmal in Ihre Überlegungen einbezogen haben.
- dass Sie den Leserinnen und Lesern der WR vor nicht allzu langer Zeit eine ‚Lokaloffensive‘ versprochen haben, und jetzt genau das Gegenteil davon praktizieren.
- dass Sie die bisherigen Leserinnen und Leser für so dumm halten, künftig eine Zeitung zu kaufen, deren Lokalteil von der Konkurrenz geliefert wird.

Montag, 21. Januar 2013

Bin mit Überleben beschäftigt

Angelika Beuter (47, aus Meschede) bloggt seit ein paar Tagen. Aus Notwehr. Auf "Absprung" berichtet die "Journalistin aus Leidenschaft" von ihren Gefühlen und Erlebnissen, seit die Geschäftsführung der WAZ-Mediengruppe das Aus für alle Redaktionen der Westfälischen Rundschau verkündete. Auch ein Versuch, die Existenzkrise zu verarbeiten. Bewegend, urteilen alle. Lesen Sie mit! Ich habe die Kollegin gebeten, hier einen Beitrag übernehmen zu dürfen. Ich habe mich für "Durcheinander" entschieden:

Von Angelika Beuter

Es ist, wie es ist. Ich weiß das auch. Ab 1. Februar gibt es meinen Arbeitsplatz nicht mehr. Seit Dienstag ist manches in meinem Leben auf den Kopf gestellt. Es kommt mir so unwirklich vor. Ein bisschen ist es, wie wenn jemand gestorben ist. Man weiß genau, dass er tot ist, aber hin und wieder erwartet man, dass er gleich zur Tür hereinkommt.

Angelika Beuter ist seit 25 Jahren
im WAZ-Konzern. Als die WR
Meschede geschlossen wurde,
landete sie bei der WR Arnsberg.
Ich rede neuerdings manchmal mit mir selber. Nichts Kluges. Mehr solche Bemerkungen wie “Oh Gott” oder “Das gibt’s doch gar nicht.” Dann staune ich, wenn ich meine eigene Stimme höre. Ob das noch schlimmer wird, wenn ich erst mal ganz zu Hause bin?

An der Tankstelle hoffe ich, dass mich keiner kennt. Ich schaue zu Boden auf dem Weg zur Kasse. Wenn mich jetzt jemand anspricht, breche ich in Tränen aus. Ohne Grund. Einfach so.

McAllisters Vermächtnis

Karikatur: Heiko Sakurai
Hach, und auch der Heiko kann's wie kaum ein zweiter... Karikaturen, meine Leidenschaft.

Runder Tisch für die Rundschau

Am Samstag demonstrierten 1000 Menschen gegen die drohende Schließung der Redaktionen der Westfälischen Rundschau. Dabei wurde sehr viele Reden gehalten. Journalistik-Professor Ulrich Pätzold, der drei Jahrzehnte an der TU Dortmund lehrte und dessen Namen eng mit dem Journalistenzentrum Haus Busch in Hagen verbunden ist, konnte nicht kommen. Er schrieb eine nicht gehaltene Rede auf. Ich dokumentiere sie hier, mit seiner freundlichen Genehmigung:

Von Ulrich Pätzold

Die Entscheidung der WAZ-Geschäftsführung in Essen, die Westfälische Rundschau in Dortmund mit allen ihren Lokalredaktionen in der Region zu einer Hybridzeitung mit WAZ-Mantel und dem Lokalteil des jeweiligen bisherigen Konkurrenten umzubauen, ist ein geradezu groteskes Modell und belegt, wie beratungsresistent und ohne Fantasie die Zeitungsverleger durch das digitale Zeitalter stolpern.

Ulrich Pätzold

120 Redakteure und ebenso viele freie Mitarbeiter von heute auf morgen zu entlassen, ist nicht nur eine Verletzung des Betriebsverfassungsgesetzes sondern zeigt auch den kaltschnäuzigen Umgang mit anerkannt guten Journalisten. Diese Geschäftsentscheidung auch noch als Maßnahme zur Erhaltung der Medienvielfalt in der Region zu verkaufen, kann man nur noch als zynisch kommentieren.

Die WAZ-Gesellschafter spielen bewusst falsch, wenn sie von der „Sanierung“ der Westfälischen Rundschau sprechen. Das ist Hohn. Was ist das für eine Sanierung, wenn der Mantel des verbleibenden Titels identisch mit der WAZ ist und der Lokalteil vom jeweiligen Wettbewerber, im Dortmunder Fall also von den Ruhr Nachrichten übernommen wird. So etwas hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Es ist journalistische Falschmünzerei, mit einem eigenen Zeitungstitel eine eigenständige Zeitung zu suggerieren. Es ist ein politischer Skandal, solche Hybridzeitungen überhaupt zuzulassen.

Sonntag, 20. Januar 2013

Plopp!

Karikatur: Berndt A. Skott
Warum ich Karikaturen so liebe? Manchmal sind sie einfach genial und sagen mehr als Leitartikel, wie diese hier von Berndt zur Niedersachen-Wahl.
Karikatur: Heiko Sakurai

Nachtrag: Spannend - auch Heiko Sakurai arbeitete an diesem Tag mit dem Sarg. Hier zum Vergleich sein zeichnerischer Kommentar zum überraschenden Leihstimmen-Gewinn der FDP bei der Niedersachsen-Wahl.

Fotografen: Wir schießen für Geld

Klick! Kaum eine Berufsgruppe in den Medien wird so gebeutelt und ausgenutzt wie Fotografen. Gemeint sind natürlich die Profis unter den Lichtbildhauern. Die von ihrer Arbeit leben (wollen/müssen). In Zeiten von allgegenwärtigen Foto-Handys und Jedermann-Digital-Geknipse scheint ein gutes Bild nichts mehr wert, Auftraggeber denken: Das macht sich von selbst, klick. Meine liebe DJV-Kollegin Heike Rost, Fotografin und Journalistin, Bloggerin und Gewerkschafterin, hält dagegen: Billig oder gar für lau - das geht gar nicht. Die Auftraggeber wollen anscheinend nicht zur Kenntnis nehmen, mit wieviel Aufwand und welch hohen Kosten jedes professionelle Foto verbunden ist. Hier, proudly presented, ihr Text: Profi-Arbeit für lau - geht gar nicht!

Von HEIKE ROST

Schon fast Normalzustand bei zahlreichen Photographen und Bildjournalisten: Auftragsanfragen, die von vornherein jegliche Honorarzahlungen ausschließen. Die Spanne der Argumente ist breit und reicht dabei von "Wir haben leider kein Budget für Bilder ..." über das zweifelhafte Signal "... weitere Aufträge, dann mit Honorar" bis "Das ist die Chance für Sie, bekannt zu werden".

Dieses Youtube-Video des Photographen und Autors Enzo dal Verme liefert augenzwinkernd und unterhaltsam einige gute Argumente, solche Anfragen höflich, aber bestimmt abzulehnen. Bei Freelens gibt's ergänzend dazu die Übersetzung eines Textes von Tony Wu: "Warum Fotografen nicht umsonst arbeiten können". Das englischsprachige Original ist bei "Photoprofessionals" unter einer CC-Lizenz veröffentlicht und mittlerweile von zahlreichen Kollegen unterzeichnet worden. Wer ebenfalls seinen Namen zur Liste der Unterstützer hinzufügen möchte, kann das via Kontaktformular auf der Website der Photoprofessionals tun.

John Harrington, amerikanischer Dokumentarphotograph und Bildjournalist, hat im Blog der Agentur BlackStar eine lesenswerte Liste von 12 Ausreden für kostenlose Arbeit zusammengestellt. Als Argumentationshilfe bestens geeignet, Harrington nimmt jede einzelne Ausrede kurz und knackig als Blödsinn ("bogus") auseinander: "12 Excuses for Shooting Photos for free - and Why They are Bogus".
 
Heike Rost - sie ist eine tolle
Fotografin, super Kollegin,
engagierte Gewerkschafterin.
Harringtons Ansatz: "Kameras und Kameraverschlüsse haben eine durchschnittliche Lebensdauer von einigen hunderttausend Auslösungen. Teilen Sie die Anzahl der Bilder, die Sie kostenlos gemacht haben, durch die Kosten der Kamera - und Sie bekommen eine Ahnung davon, was Sie diese Aufnahme gekostet hat. Und das schließt noch nicht die Kosten für Photoshop, Nachbearbeitung, Speicherung der RAW-Daten und das Brennen auf Datenträger für Ihre Kunden mit ein - usw. usf...."

Einige Zahlen zum Nachdenken: Der Durchschnittswert der Ausrüstung eines hauptberuflichen Bildjournalisten liegt zwischen 35.000 und 50.000 €. Darin enthalten sind Kameras, Objektive und Rechner inklusive Software; der Gesamtwert kann je nach Tätigkeit erheblich höher liegen! Für den jährlichen Unterhalt sind rund 35 % des Ausrüstungswert als realistische Größenordnung anzusetzen; dazu gehören Reparaturen, Austausch, Software-Updates, Ergänzungen von Kamera- und Rechnerausstattung. Übrigens: Das bundesweit niedrigste, vom DJV dokumentierte Bildhonorar an Tageszeitungen beträgt 5,11 €. Brutto. (Weitere Informationen für Bildjournalisten auf der Website des DJV/Deutscher Journalisten-Verband.)

Ein paar nützliche Onlinerechner, die aus allen Faktoren wie Betriebskosten, Arbeitszeiten, Versicherungen etc. einen tragfähigen, betriebswirtschaftlich sinnvollen Tagessatz ermitteln, gibt es u.a. hier (Erfolg-als-Freiberufler.de) oder hier (Akademie.de, downloadbares Excel-Formular zum Rechnen) oder auch hier (mein-Tagwerk.de, Rechner für Freelancer).

Dem trockenen Spruch einer amerikanischen Kollegin ist als passendes Schlusswort nichts hinzuzufügen: "I shoot for money."

Mal eben...

Karikatur: Karlheinz Stannies

Samstag, 19. Januar 2013

Westfälische Rundschau: Zuspruch tut gut

„Demokratie braucht vor allem im Lokalen Meinungsvielfalt, insofern ist die Schließung der WR-Redaktionen nicht nur eine unternehmerische Entscheidung“, appellierte eine sichtlich verärgerte Medienministerin Angelica Schwall-Düren an die gesellschaftliche Verantwortung der WAZ-Gruppe. "Es kann nicht sein, dass Zeitungen wie Zitronen oder Blumenkohl auf dem Wochenmarkt gehandelt werden", rief ihr Kollege, Arbeitsminister Guntram Schneider.

Alter Markt in Dortmund: voll und voller Empörung
(Foto von der Facebook-Seite WRmussbleiben)
 Und wenn die Herren Verleger doch nur noch an Profit und nicht mehr ans Zeitungmachen denken? Dann sind ihre Privilegen wie finanzielle Vorteile (niedrige Mehrwertsteuer) und rechtliche Bevorzugung als Arbeitgeber (Tendenzschutz) auf den Prüfstand zu stellen - da waren sich viele Protestler einig.

Über 1000 Menschen nahmen am Samstag an der Protest-Demo gegen die Schließung der Redaktionen der Westfälischen Rundschau (betroffen: 120 angestellte und weit über 100 freie Journalistinnen und Journalisten). Bringt das was? "Wird nicht viel mehr als eine kräftige Erkältung bringen", schrieb mir vorher ein skeptischer Follower auf Twitter. Meine Antwort: "Bringt nichts? Doch.. Selbstachtung und Würde, Zusammenhalt als Mannschaft, Information und Solidarität der Öffentlichkeit."

"Es tut der Seele gut", meinte Volkmar Kah, stellvertretener DJV-Landesvorsitzender, hinterher.

Freitag, 18. Januar 2013

Steinbrück: Gut für Karikaturisten

Kraft sorgt vor
Karikatur: Heiko Sakurai

Karikatur: Berndt A. Skott


WAZ-Axt schlägt wieder zu

"Redaktionell sind wir nicht gescheitert", schrieb Chefredakteur Malte Hinz laut einem Eintrag auf Medienmoral NRW an seine Redaktionen. Trotzdem sollen alle Redaktionen der Westfälischen Rundschau zum 1. Februar geschlossen werden. 120 Redakteurinnen und Redakteure verlieren ihren Arbeitsplatz, über 100 freie Journalisten Aufträge und Honorare.

Das Flugblatt zur Demo
am Samstag in Dortmund
Eine Zeitung ohne Redakteure ist keine Zeitung. Unter dem Titel Westfälische Rundschau sollen künftig Inhalte von WAZ, Westfalenpost und Ruhr Nachrichten sowie aus dem Rubens-Verlag und dem Märkischer Zeitungsverlag erscheinen. Am Samstag wird in Dortmund gegen den Personalabbau, die entstehende "Zombie-Zeitung" und den Verlust der Medienvielfalt in den Kommunen protestiert. Medienministerin Angelica Schwall-Düren und Arbeitsminister Guntram Schneider haben ihr Kommen zugesagt. Und auch der Steiger vom "Geierabend", Martin Kaysh, ist da. Kommen Sie auch!

In einem offenen Brief hat sich heute der WR-Betriebsrat an die drei Verlagsgeschäftsführer gewandt: "Noch besteht die Chance dazu: Machen Sie die Schließung rückgängig!" Weit über 10.000 Solidaritätsadressen seien eingegangen. In dem Brief heißt es:

"Als die Betriebsräte der Westfälischen Rundschau mit denen der WAZ, NRZ, WP und WAZ New Media am Mittwoch bei der Personalleitung mündlich einen Wirtschaftsprüfer eingefordert haben, weil wir die genannten Verlustzahlen bezweifeln, hat der Verlag betont, dass die Entscheidung zur Schließung der WR-Redaktion stehe – egal, was ein Wirtschaftsprüfer herausfinden werde. Das bedeutet für uns, dass nicht wirtschaftliche, sondern vielmehr politische Gründe zur Ihrer Schließungs-Entscheidung geführt haben." Im Dortmunder Raum habe es bereits durch Anzeigen-Stornierungen "Verluste in Millionenhöhe, unseren Informationen nach" gegeben. Der Verlag habe dem Betriebsrat die Chance verwehrt, Alternativvorschläge zum Stellenabbau zu unterbreiten: "Es gäbe Alternativen."

Donnerstag, 17. Januar 2013

Guten Morgen. Leer.

Guten Morgen - aus gegebenem Anlass einfallslos. So steht es heute auf der Seite 2 der Westfälischen Rundschau. Dort, wo sonst immer die kleine lustige Glosse, der humorige Seitenhieb aufs Leben steht, findet man heute nur ein paar erklärende Zeilen. Ansonsten weißes Papier. Der in Kürze geschlossenen WR-Redaktion sei partout nichts eingefallen... Verständlich.
Das Foto oben stammt aus dem Blog absprung von WR-Redakteurin Angelika Beuter, in dem sie sehr persönlich und sehr eindringlich ihre Gefühle vor, während und nach dem verkündeten Aus für die Redaktionen der Westfälischen Rundschau schildert. In einem Beitrag schreibt sie: „Man braucht einen strukturierten Alltag“, habe ich in einer Reportage über Langzeitarbeitslose mal ganz schlau geschrieben. Was man für einen Unfug plappert, wenn man nicht weiß, wie sich etwas anfühlt. Was soll die Struktur, wenn es keinen Grund gibt, sich aufzuraffen, anzuziehen, aufzubrezeln." Einatmen, ausatmen, die Krone zurecht rücken, weiter laufen - unbedingt lesen! Mitfühlen, mitempören. Mitratlossein. Mit...

Das Foto links stammt von Hermann Henkel und beweist: Auch die WAZ-Redaktion ließ die Glosse aus Solidarität weiß. Im kurzen Text steht: "Heute ist kein Tag für Spaß. ... Sicherheit war einmal. Der Redaktion ist sehr komisch zumute." Das Foto wird auf der von DJV und verdi getragenen Seite rundschau-retten dokumentiert. Dort finden sich Nachrichten, Links, Infos und die Möglichkeit zu einer Solidaritätsbekundung. Dort erfährt man auch, dass den WR-Lokalausgaben die Berichterstattung über die Westfälische Rundschau verboten wurde - angeblich "aus übergeordnetem Interesse". So mussten sie z.B. Pressekonferenzen des DGB vor Ort über die Redaktionsschließungen und die Medienvielfalt in den Kommunen verschweigen. Seiten mit Solidaritätsadressen blieben ungedruckt.

Auf rundschau-retten sind bereits einige Solidaritätsadressen zu finden. Von dort stammt auch die nebenstehende treffende Zeichnung von Michael Hüter, Bochum.

Mittwoch, 16. Januar 2013

Rundschau: Wir kämpfen - schon wegen der Ehre!

Die Belegschaft der Westfälischen Rundschau (WR, Dortmund) war schon immer eine stolze Truppe, mit einer ungewöhnlich starken Bindung an ihr Haus. Die WR und ihre Macher - sie sind und waren stets etwas Besonderes. Und die Frauen und Männer der WR waren auch immer solidarisch und kampferprobt.

So ist es kein Wunder, dass sie um ihr traditionsreiches Blatt kämpfen wollen. Auf Facebook gibt es inzwischen die Seite "WR muss bleiben". Trotzig schreiben die Rundschauer dort: "Wir Leserinnen, Leser und Medienschaffende kämpfen für den Erhalt der Arbeitsplätze bei der WR und für den Erhalt der Medienvielfalt in NRW."

Eine Aktionsgruppe wurde gegründet, die vor allem Öffentlichkeit herstellen soll. Am Donnerstag gibt es im Medien- und Kulturausschuss um 13.30 Uhr eine (öffentliche) "aktuelle Stunde" zur Westfälischen Rundschau.

Die erste größere Aktion steht bereits fest. Für den kommenden Samstag (19.1., 11 bis 14 Uhr) ist eine Protest-Demo für den Erhalt der Westfälischen Rundschau geplant - und zwar natürlich nicht, wie es die Verlagsoberen der WAZ Mediengruppe so kläglich planen, als Zeitungs-Zombie, sprich: als reine Titel-Hülle ohne Redaktion, die andere Zeitungen dann füllen. Sondern mit der eigenen Mannschaft, die bisher immerhin rund 110.000 Abonnenten bedient.

Treffpunkt für die Demo ist am Samstag um 11 Uhr vor dem Rundschau-Büro in der Dortmunder Brüderstraße. Die Abschlusskundgebung soll dann auf dem Alter Markt  stattfinden, steht auf Facebook. Man kann davon ausgehen, dass am Samstag auch viele Leserinnen und Leser, lokale Politiker sowie Vereine und Handel ihrem Unmut Luft machen werden. Die Aktionsgruppe hofft auf hochrangige Rednerinnen und Redner. Auch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wurde angefragt.

Die Rundschauer wollen nicht kampflos aufgeben. Mag es im Moment auch chancenlos aussehen, schrieb einer sinngemäß, es geht um die Ehre.

Kennen Sie Blogowski?

Also nicht „den Blogowski“. Sondern, wenn schon, dann „die Blogowski“. Noch genauer: Die gibt’s im Plural. Blogowski – das ist ein Zusammenschluß im Netz und im Leben von Frauen aus dem Pott. Frauen, die bloggen.
 
Gestolpert bin ich über die Mädels, als der Blog HeimatPOTTential  zum „Besten Tagebuch-Blog 2012“ gekürt wurde. Beim Wühlen auf der preisgekrönten Seite stieß ich auf das Blogowski-Netzwerk. Selbstbeschreibung: „Pottsche Blogdamen, die mit Herz, Hirn und Spaß inne Backen nichts Geringeres als die Weltherrschaft anstreben.“
 
Da Männer ja bekanntlich furchtbar neugierig sind, habe ich Juliane „Juli“ Helmke (auf Twitter @heimatPOTT) frechweg angeschrieben und um ein aufklärendes Interview gebeten. Sie hat nicht nein gesagt.

Wie und warum ist Blogowski entstanden? Wieviel sind drin im Netzwerk?

Die Blogowskis habe ich im Mai 2012 gegründet. Damals habe ich mit Sack und Pack und mit meiner "Monster, Freaks und Helden" Bilderserie am Dortmunder Design Gipfel teilgenommen. Dort traf ich auf Fee. Fee bloggt auf www.feeistmeinname.de und sie hatte mich um ein kleines Interview gebeten. So saßen wir auf dem schönen Omma-Sofa, das ich extra mitgeschleppt hatte, um meinen Stand aufzuhübschen. Etwas später kam auch noch Anja von www.anja-piranja.blogspot.de vorbei. Und dann saßen wir dort auf dem Sofachen rum... Drei Bloggerinnen aus dem Ruhrpott... wie die Hühner auf der Stange. Und dann lag die Idee nahe: Ein Stammtisch für pottsche Bloggerinnen muss her! Mittlerweile zählt die Gruppe 28 Mitglieder - ein lustiger, wilder Haufen. Eine Übersicht über alle Blogowskis findet man hier.
 
Was macht ihr – nur Vernetzen? Oder auch Treffs?

Wir vernetzten UND treffen uns! Auf Facebook gibt es eine Blogowski-Gruppe, deren Inhalte nur für die Mitglieder einsehbar sind. Dort tauschen wir uns aus, suchen und geben Rat, teilen unsere Posts, albern herum, verabreden uns für größere und kleinere Ruhrpott-Touren und gehen Kooperationen ein.


Quelle: heimatPOTTential
Durch die gemeinsame Interessenlage (Fotografie, Bloggen, ein Hang zu einem schönen Leben im Allgemeinen und zu schönen Dingen und Orten im Besonderen und nicht zuletzt die Liebe zum Ruhrpott) sind Freundschaften entstanden, die über ein reguläres Netzwerken weit hinausgehen. Das ist natürlich das Krönchen auf unserer Gruppe.

Davon ab, dass sich auch in Kleingruppen gerne mal zwischendurch getroffen wird, steht ein monatlicher Stammtisch auf dem Blogowski-Programm. An jedem dritten Freitag im Monat treffen wir uns in wechselnden Restaurants im Ruhrgebiet. Und dann gibbet lecker Essen und viel zu quatschen.

Dienstag, 15. Januar 2013

Mogelpackungen, immer öfter

"Also, ich blicke nicht mehr durch“, stöhnte Werner, mein Dortmunder Kioskchef. „Seit wann ist denn nicht mehr drin, was drauf steht?“ Vorhin, erzählte er, kam einer und schnappte sich die WAZ. „Der Bursche nahm den Lokalteil raus und fummelte den dann einfach in die Rundschau hinein. Dann sagte er: So, jetzt kaufe ich die Rundschau.“

Werner war geschockt und fragte natürlich, was das soll. Die Antwort verwirrte ihn völlig: „Also, ich finde die Rundschau besser als die WAZ. Aber die WAZ kriegt den Lokalteil der Rundschau. Und den dürfen die WAZ-Redakteure dann noch aufmotzen. Die nehmen die besten lokalen Geschichten aus der Rundschau und schreiben dann noch eigene dazu. Die Verlagschefs in Essen haben damals gesagt, dass die WAZ mit der WAZ ohne so viele Redakteure das Beste wäre, und dass sie das jetzt öfter machen wollen. Aber die Rundschau mit der WAZ, die eine aufgemotzte Rundschau ist, ist noch besser.“

Werner kippte einen Magenbitter. „Verstehst Du das? Das sind doch dann alles Mogelpackungen, ohne Profil, Sodom und Gomorrha!“

Ich versuchte, ihn zu trösten. „Den Trick mit der Rundschau haben die Verlagschefs inzwischen spitzgekriegt. Ab Februar stopfen die alles Mögliche in die WR-Wundertüte. Der Vielfalt wegen.“

Oma Trude kam dazwischen, warf einen Euro auf die Theke. „Ich hätte gern außenrum die Süddeutsche und drinnen den Lokalteil der NRZ Essen, solange er noch von der NRZ ist, dazu die Wirtschaft von der WELT, die Wochenendbeilage der Westfalenpost und den Sportteil der BILD.“ Werner warf sich weinend hinter den Zeitungsständer.

"Seelenlose Redaktionsklempnerei"

Ab 1. Februar ist die Zeitungslandschaft um eine Novität "reicher": Die traditionsreiche Westfälische Rundschau (Dortmund, 1946 gegründet) wird nur noch eine Hülle sein, gefüllt von anderen. Nirgendwo ist mehr WR drin, wo WR draufsteht. 120 Redakteurinnen und Redakteure verlieren ihren Arbeitsplatz. In einer Zeit ohne Arbeitsmarkt für Journalisten.

Seit Herbst 2009, als auf einen Schlag querbeet 300 Jobs „eingespart“ wurden, werden die vier NRW-Zeitungen der WAZ-Mediengruppe dann - dank ihrer Manager-Riege - fast die Hälfte aller Redakteursstellen entsorgt haben.

Die SPD, die über ihre Medienholding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (ddvg) 13,1% der Anteile am WR-Verlag hält, fühlt sich überfahren: „Die Entscheidungen der WAZ sind gegen und ohne uns gefallen.“ Sie erwägt sogar rechtliche Schritte gegen die „seelenlose Redaktionsklempnerei“, wie SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks urteilt. Das Vertrauensverhältnis zum Mehrheitsgesellschafter sei jedenfalls "zerrüttet".

Der von den Gewerkschaften DJV und verdi eingerichtete Blog Medienmoral NRW  berichtet, dass der ContentDesk der WAZ-Mediengruppe in Essen den „Mantel“ (also Politik, Sport, Kultur usw.) für die künftige Westfälische Rundschau liefern wird, während die Lokalteile von anderen Zeitungen eingekauft werden, aus dem eigenen Bestand der WAZ-Mediengruppe (WAZ, Westfalenpost), zum Teil aber auch von (früheren) Konkurrenten wie Ruhr Nachrichten, Hellweger Anzeiger oder Märkischer Zeitungsverlag.

Nix Original mehr, nur noch Fälschung.

In Dortmund erscheint künftig neben dem Platzhirsch Ruhr Nachrichten (RN) und der ohnehin schon im Lokalteil mit der Rundschau geimpften WAZ-Ausgabe eine gemischmaschte „Westfälische Rundschau“ mit einem Mantel vom ContentDesk der WAZ-Mediengruppe in Essen und Lokalseiten der Ruhr Nachrichten. Also: RN, WAZ und WRANZ.

120 Jobs futsch, 120 Existenzen in Gefahr – nun wundert es nicht mehr, dass die "weitsichtigen" Manager der WAZ-Gruppe den zum Jahreswechsel auslaufenden Sozialplan durch einen neuen (läuft bis 2014) ersetzt haben. Natürlich zu verschlechterten Bedingungen.

Da werden nun "Menschen entlassen", klagt Bülend Üruk in einem Kommentar, "die seit Jahren aufgrund des Arbeitsdrucks auf dem Zahnfleisch gehen, die in knappster Besetzung gegen Heimatzeitungen konkurrieren, die seit Jahren aufs Lokale setzen und überregional nicht den Anspruch haben, besser als die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu sein." Er legt die "Lokaloffensive" endgültig zu den Akten.

Montag, 14. Januar 2013

Schleichwerbung im TV: Es wird besser

Proudly presented: Karikatur von Heiko Sakurai


Samstag, 12. Januar 2013

Freude im Kreißsaal

Karikatur: Karlheinz Stannies
 

Piraten-Peep

Fritz winkte uns mit dem Zeigefinger zu sich: „Ich will Euch mal was verraten. Aber psssst.“ Wir rückten näher. Er schaute sich verstohlen um, flüsterte dann: „Auch Zeitungsleute kennen sich im Internet aus.“

Neee??! Sach bloß!! Unsere Überraschung hatte hoffentlich mehr Mimik und Gestus als Til Schweiger in all seinen Filmen. „Ich hab's ja geahnt“, platzte Beate übertrieben höflich heraus.

Fritz legte unbeirrt nach. „Alle sagen doch: Zeitungsjournalisten sind digitale Nichtversteher. Netz-Hinterwäldler. Unfähige Totholzer. Pah! Vor allem im Dienst sind wir doch von den Displays kaum wegzukriegen.“ Wir nickten. Dazu gibt’s sogar eine brandneue Umfrage zur Nutzung von Blogs.

Petra gab zu: „Okay, manche murren, weil sie alles gleichzeitig machen sollen – mit viel zu wenig Leuten tagtäglich eine Zeitung dicht und dann auch noch online live.“ Aber da geht’s um Personalstärke, Organisation und Grundsätze, nicht gegen die digital werdende Welt. Da waren wir uns einig. „Wenn unsere paar Onliner plötzlich auch noch das gedruckte Blatt füllen müssten, würden die auch murren“, murmelte Frank.

Wir vom Stammtisch haben uns eigentlich nichts vorzuwerfen – wir sööörfen, wir soooscheln, einige bloggen sogar. Wir durchschnüffeln das Internet nach Themen-Trüffeln. Vor allem aber sind wir Fans von Twitter. Blitzschnelle Infos, kreative Sprüche, Unmengen von Unsinn – echt super, echt anregend.

Wieder lockte uns Fritz mit Zeigefinger und „pssst“ zu sich: „Meine heimliche Leidenschaft bei Twitter sind ja – die Piraten. Ich suche da immer zuerst nach. Da geht es so schön drunter und drüber.“

Donnerstag, 10. Januar 2013

Im Café der einsamen Koalitionsherzen

Proudly presented: Karikatur von Heiko Sakurai

Aufklärungsarbeit à la katholische Kirche

Proudly presented: Karikatur von Heiko Sakurai

Mittwoch, 9. Januar 2013

Die Künstler unter den Journalisten

Warum ich Karikaturen so liebe? Sie sind ein wichtiger Teil der Medien, vor allem unserer Zeitungen. Stehen meist auf Seite zwei, oben oder unten. Ihre Schöpfer lassen mit wenigen Strichen so manchen langen Leitartikel überflüssig (oder verständlicher) erscheinen. Sie machen mit spitzer Feder Meinung. Oder einfach nur treffenden Spaß.

Was die spöttischen Über-Zeichner von einigen schreibenden Kommentatoren unterscheidet? Sie sagen nicht „jein“. Die Künstler unter den – jawohl! – Journalisten bringen die Polit-Welt auf den Punkt. Ihre Karikaturen stellen klar oder bloß. Gestricheltes Politkabarett vom Feinsten, zum tägliche Verbrauch.
Berndt A. Skott - wie er
sich selbst zeichnet

Heiko Sakurei - wie
er sich selbst zeichnet
Karikaturisten geht es nicht viel anders als freien Fotografen oder freien Schreibern: Sie werden gern mit ganz wenig Geld für ganz viele Rechte und Nutzungen abgespeist. Außerdem wird ihr journalistischer Beitrag zur Medienwelt und zur politischen Bildung häufig unterschätzt.
 
Karikaturen werden in diesem Blog stets zu finden sein, nicht nur meine Versuche, künftig auch Strich-Kunst von Karikaturisten, die diese Bezeichnung wirklich verdienen. Einige davon durfte ich schon vor Jahren beim Zeichner-Stammtisch in Düsseldorf (sie nennen ihn „Rheinische Humor Verwaltung“) kennenlernen.

Berndt A. Skott (69, Düsseldorf, www.berndtaskott.de) zum Beispiel. Oder Heiko Sakurai (41, Köln, www.sakurai-cartoons.de). Beide gehören zur klein gewordenen „Bundesliga“ der politischen Karikaturisten. Und beide sind so lieb, mir zu gestatten, ab und zu ein paar Werke von ihnen hier zu zeigen.

Hach, ich freue mich darauf.

Sonntag, 6. Januar 2013

Manager sind enttäuscht

Karikatur: Karlheinz Stannies


Donnerstag, 3. Januar 2013

Zentralredaktionen - immer öfter

Springer, Gruner+Jahr, WAZ-Gruppe, DuMont und sonstwo. Das Phänomen Zentralredaktion für mehrere Zeitungen greift um sich. „In unserem Mietshaus geht’s auch schon los“, stöhnte Kollege Peter am Kaffee-Automat. „Da soll jetzt eine Gemeinschaftsküche eingeführt werden.“ Peter rollte mit den Augen. „Die Frauen meinen, das spart viel Geld – und die Qualität würde besser. Weil nur die besten Rezepte verwendet werden.“

Wir beide waren geschockt. Jeder dachte an seine Leibgerichte: Er an Bratwurst, ich an Frikadelle. Schreckliche Vorstellung: Das ganze Haus kriegt demnächst exquisiten Spinat vorgesetzt? Den mag zwar fast keiner – ausser der köchelnden Oma ganz oben..

Einheitsbrei für alle, igitt, kein schöner Gedanke. „Na ja“, zuckte Peter mit den Schultern, „wir sollen dann jeweils beim Servieren noch unser gewohntes Dressing drüberkippen“. Wir schauten uns an: Currysoße und scharfer Senf auf Spinat? Örks.

Wir überlegten noch kurz, ob man nicht ein paar von den sparwilligen Frauen abschaffen könnte; mit Zentralküche braucht man ja nicht mehr so viele. Aber Rauswürfe sind nicht unser Niveau. Kopfschüttelnd bliesen wir die Solikerze aus und gingen wieder zurück an den zentralen Nachrichtentisch.

Mittwoch, 2. Januar 2013

Einheitsbrei mit Dressing

Karikatur: Karlheinz Stannies

Gewerkschaftsnachwuchs

Karikatur: Karlheinz Stannies

Dienstag, 1. Januar 2013

Ein gutes neues Jahr

... wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs! Ein Jahr mit Ecken und Kanten, Liebreiz und Anregung, Gesundheit und neuen Lachfalten. Mit privatem und beruflichen Glücksgefühlen. Ich hoffe natürlich, dieser Blog - der immer noch ein Versuch ist - wird sich entwickeln. Findet einige Stammgäste. Und macht hoffentlich bald, nachdem er schon ein ganz klein wenig Bekanntheit erlangte, auch seinem Namensteil ".. and Friends" alle Ehre. Kritik und Anregungen sind immer gern gesehen. 2013: Alles wird gut.